Eine Rundreise durch Südafrika zeigt eine wunderschöne Natur, vielfältige Kulturen und atemberaubende Landschaften. Das Land am Kap strotzt vor Selbstbewusstsein und feiert seine junge, moderne und multikulturelle Atmosphäre. Ein Blick hinter das fröhliche Bild offenbart die harte Arbeit und die langen Jahre der Ungerechtigkeit, die hinter den Südafrikanern liegen. Mehr als 40 Jahre dominierte im südlichsten Land Afrikas die Apartheid, bevor die Rainbow Nation in ein neues Zeitalter aufbrach.
Wo fangen wir an, wenn wir etwas über die radikale Rassentrennung erfahren möchten? Bei dem Wahlsieg der Nationalen Partei 1948? Bei der Südafrikanischen Union, die seit 1910 die Rechte der Schwarzen systematisch eindämmte? Oder begann die Unterdrückung nicht schon viel eher, als die Kolonialmächte den afrikanischen Ureinwohnern ihr Land nahmen? Nähern wir uns bei einer Rundreise durch Südafrika der Geschichte der Apartheid an, um die aufstrebende Gegenwart zu verstehen.
Vor 30 Jahren hätte er auf dieser Bank mitten in Durban nicht sitzen dürfen, der Mann, der verträumt auf den Indischen Ozean hinausblickt. Er ist dunkelhäutig, vielleicht Zulu, und unterhält sich gerade mit einer jungen, weißen Frau, die ihren Hund spazieren führt. Auch das wäre undenkbar gewesen, zu Zeiten der Apartheid, als die weiße Bevölkerungsminderheit die schwarze Mehrheit unterwarf. Apartheid bedeutet ursprünglich Trennung auf Afrikaans, wie wir auf unserer Rundreise durch Südafrika erfahren. Doch mittlerweile benutzt es niemand mehr einfach nur so. Denn getrennt war seit 1948 alles in Südafrika: Schulen, Stadtbezirke, Busse und Strände gab es jeweils für Weiße und für Schwarze. Sobald sich Proteste erhoben, zum Beispiel durch den Afrikanischen Nationalkongress, wurden diese gewaltsam niedergeschlagen. Viele Menschen ließen in dieser Zeit ihr Leben, und viele leisteten Widerstand. Nelson Mandela zum Beispiel, der aufgrund seiner Aktivitäten 1964 zu lebenslanger Haft auf Robben Island verurteilt wurde.
Machen wir einen Sprung. Es ist der 11. Februar 1990, ein strahlend schöner Sommertag in Kapstadt. Als morgens die Sonne den Tafelberg in ihr schönstes Licht taucht, verrät kaum etwas die gespannte Stimmung, die in der Stadt, in ganz Südafrika, ja auf der ganzen Welt herrscht. Heute ist es soweit, der Tag der Freilassung des berühmtesten Häftlings des 20. Jahrhunderts:
Nelson Mandela tritt nach 27 Jahren Haft in die Freiheit. Ein Tag, der das Land für immer veränderte und das Ende der Apartheid einläutete. Als die Bevölkerung Mandela drei Jahre später in freien, demokratischen Wahlen zum ersten schwarzen Präsidenten Südafrikas wählt, beginnt für ein ganzes Land eine neue Ära.
Und wie sieht es heute aus? Seit Aufhebung der Rassentrennung bewegt sich Südafrika ständig zwischen Begeisterung und Ernüchterung. Nur ein Beispiel: die Weltmeisterschaft 2010. Auf der einen Seite der laute Jubel für die Nationalmannschaft „Bafana bafana“ mit noch lauteren Vuvuzelas, auf der anderen Seite vertriebene Menschen, deren Häuser den übergroßen Stadien weichen mussten. Zwar gibt es die Apartheid nicht mehr, offiziell zumindest. Aber sehen wir auf unserer Rundreise nicht doch den ein oder anderen weißen Südafrikaner, der die Stirn runzelt, wenn er auf einen Schwarzen trifft? Möglicherweise. Doch überwältigt uns mehr noch Offenheit, Freude und Eifer der Südafrikaner, die stolz auf ihr Land sind und darauf, dass sie gemeinsam in eine freie, demokratische und selbstbestimmte Zukunft schauen. Erleben wir es!
Eines steht fest: Wir erleben auf unserer Rundreise ein Südafrika, das vielfältiger nicht sein könnte. Allein die elf Amtssprachen beeindrucken. Hier schauen wir uns die Volkstänze der Zulu an, dort reden wir mit einem indischen Einwanderer oder einem deutschstämmigen Kapstädter. Wen auch immer wir treffen, sie alle haben eine Geschichte und formen mit ihrer Identität das Südafrika, wie es heute ist – bunt, lebensfroh und voller Überraschungen.